Urgeschichte


Die Urgeschichte umfasst die Zeit vom Auftreten der frühesten Menschenformen bis zur Erfindung der Schrift. Sie wird daher als die schriftlose oder prähistorische Zeit bezeichnet und umfasst einen Zeitraum von ungefähr 3 Millionen Jahre.

Die Frühgeschichte ist jener Zeitraum, für den schon in beschränktem Ausmaß schriftliche Quellen zur Verfügung stehen. Für unsere Gegend trifft dies im ersten Jahrtausend nach Christus zu, weil die Urgeschichte um Christi Geburt und der Errichtung der römischen Provinzen südlich der Donau endet.

Die Frühgeschichte gliedert sich in die Germanenzeit, die Völkerwanderungszeit und in das Frühmittelalter. 

Die Ureinwohner unserer Heimat waren „Jäger und Sammler“. Aus Funden in Höhlen bei Baden (ungefähr 8000 v. Chr.) und einem Steinzeitdorf in Brunn (ungefähr 6000 v.Chr.) ist bewiesen, dass bereits im Wiener Becken Höhlenbewohner waren und um 6000 v.Chr. Langhäuser gebaut wurden.

Ab dieser Zeit vollzog sich allmählich der Übergang der „Jäger- und Sammlerlebensform“ zum Ackerbau (Getreideanbau, Lein und Mohn).

Die Arbeitsgeräte waren Werkzeuge aus Stein, die Erntegeräte und Pflüge wurden aus Holz gefertigt. Verschiedene Funde der mittleren und früheren Steinzeit wie Schmuckstücke, Keramikscherben, Nadeln u.a.m. deuten darauf hin, dass unser Gebiet in der Steinzeit bereits besiedelt war.

Diese „Ureinwohner“ im Wiener Becken waren indogermanische Volksstämme. 

Ab 400 v. Chr. - in der jüngeren Eisenzeit (La-Tene Zeit) - besiedelten keltische Volksstämme unser Gebiet. Die Noriker dehnten ihren Machtbereich bis in den südlichen Teil der späteren Provinz Norikum aus. Unter der Führung der Noriker vereinigten sich mehrere keltische Stämme um 100 v. Chr. und bildeten das Königreich Norikum. 

Sie betrieben einen regen Handel mit den Römern. Handelsgüter waren Eisen, Salz, Gold, Leder, Schafwolle und Rinder. Die Kelten kannten bereits die Töpferscheibe und waren gute Handwerker. Von den Römern übernahmen sie die Prägung von Münzen.

Um 120 v. Chr. drangen die im Gebiet vom Böhmen, Mähren und Slowakei ansässigen Bojer (einer der größten Keltenstämme) in unser Gebiet ein, überquerten die Donau und siedelten im Wiener Becken, im heutigen Burgenland und im westlichen Teil der panonischen Tiefebene. Sie dehnten ihren Machtbereich bis an die Theiss aus.

Um 60 v. Chr. wurden die Bojer von den Dakern (aus dem Gebiet des heutigen Rumäniens) zurückgedrängt und zogen nach Westen ab. Sie fielen in Norikum ein, belagerten Norea vergeblich und zogen schließlich weiter nach Westen zu den Helevetiern. Die in unserer Gegend ansässigen Bojer dürften aber weiter hier sesshaft geblieben sein. 

Das um 100 v. Chr. von den Kelten errichtete Königreich Norikum wurde von den Römern, die ihre nördliche Grenze bis an die Donau vorschoben, in ihr Reich eingegliedert.

Mit der Errichtung der drei römischen Provinzen in Österreich südlich der Donau - Raetien, Norikum und Pannonien - beginnt im Allgemeinen die Frühgeschichte (vermehrte schriftliche Quellen aus der römischen Verwaltung bedeutete das Ende der Urgeschichte).

Eine Klimaverschlechterung in Nordeuropa veranlasste einzelne Germanenstämme wie die Markomanen und Quaden nach Süden zu ziehen. Sie besiedelten das nördliche Niederösterreich und die Südwestslowakei.

Im 1. Jhdt n. Chr. war die germanische Besiedelung aber sehr gering in unserem Gebiet.

Bis nach 200 n. Chr. stieg der germanische Zuzug gleichmäßig.

Am Anfang des 400 Jhdt. n. Chr. nahm die markomansiche Besiedlung durch den Druck der ebenfalls germanischen Langobarden und Goten wiederum ab. In weiterer Folge brach der unter dem Ansturm immer neuer Völker die Nord- bzw. - Donaugrenze des römischen Reiches - der Limes - zusammen.

Seit Beginn der Markomannenkriege (166 n. Chr.) versuchte der römische Kaiser Marc Aurel die Reichsgrenze nach Norden zu verlegen. Er wollte eine eigene Provinz „Marcomania“ errichten. Ein von Carnuntum ausgehender Feldzug führte zur Anlage vorgelagerter Militärstationen (Siedlungskette). 

Im Laufe des Jahrhunderts wurden diese Anlagen vernachlässigt. 

Kaiser Valentinian versuchte um 370 n. Chr. diese Militärstationen wiederaufzubauen, aber sie waren den Anstürmen der Goten, Vandalen und Hunnen nicht mehr gewachsen.

Vierhundert Jahre mehr oder minder friedlicher Nachbarschaft zwischen Markomannen und Römer ging damit endgültig zu Ende. 

Die Völkerwanderung setzte ein.

Mit der Vertreibung der Ostgoten (374 n. Chr.) durch die Hunnen aus dem Schwarzmeergebiet wurde eine Kettenreaktion ausgelöst. Sie brachte mehrere Germanenstämme in Bewegung. Quaden und Vandalen zerstörten um 400 n. Chr. viele Dörfer und Städte in Pannonien und Norikum und zogen mit den Alanen danach nach Westen ab. In dieser Zeit wurden überdies die Markomannen und Quaden vom römischen Feldherrn Stilicho als Föderation südlich der Donau zum Grenzschutz angesiedelt. Die Heruler ließen sich in ihrem Gebiet nieder. Um 450 n. Chr. war das Weinviertel von Rugiern im Westen und Herulern im Osten besiedelt.

Um das Jahr 433 n. Chr. wird ein Teil Pannoniens von den Hunnen besetzt. Die Hunnen stoßen im Jahre 451 entlang der Donau nach Westen vor.

Nach Attilas Tod im Jahre 453 kommt es zur Schlacht zwischen Hunnen und germanischen Völkern, und die Hunnen müssen nach Osten abziehen. Im Jahre 487 kam es zum Krieg zwischen den Rugiern und Skiren unter Odoaker. Die Rugier wurden besiegt. Danach versuchten die Rugier wieder ihr Reich aufzubauen und wurden abermals von den Skiren besiegt. Sie unterstellten ihr Volk dem Ostgotenkönig Theoderich.

Um 490 bis 500 besetzten die Langobarden Südmähren und das Rugierland  bis zur Enns. Sie besiegten 508 die Heruler und erreichten um 530 den Höhepunkt ihrer Macht unter König Wacho (Gräberfunde der Langobarden im Wiener Becken). Später verließen die Langobarden mit Teilen anderer Germanenstämme das Land, da König Alboin den anstürmenden Awaren aus dem Osten nicht widerstehen hätte können. Sie errichteten in Italien ihr Königreich, das 774 von Karl dem Großen unterworfen wurde. 

Die von den Germanen verlassenen Gebiete unserer Heimat wurden von nord- und südslawischen Stämmen unter der Oberhoheit der Awaren besiedelt.

Als mongolische Reiternomaden kamen die Awaren aus Mittelasien. Auf ihrem langen Weg bis in die ungarische Tiefebene nahmen sie türkische, bulgarische und auch germanische Einflüsse in ihr Volkstum auf.

Sie galten als ausgezeichnete Reiterkrieger ( mit Steigbügel und Reflexbogen).

Die Awaren beherrschten nach Abzug der Langobarden über 250 Jahre Pannonien und das gesamte Karpatenbecken. Um 700 n. Chr. erschienen sie auch im Wiener Becken und im Waldviertel. Das „Awarische Großreich“ erstreckte sich vom Schwarzen Meer bis zum Wienerwald und von Mähren bis Serbien ( Awarenfunde bei Wien, Mödling, Zillingtal und in der Nähe von Budapest). Die Awarensiedlungen des 6. und 7. Jahrhunderts waren in wenigen Fällen ständig bewohnt.

In der Mittelawarenzeit (2. Hälfte des 7. Jahrhunderts) nach Überwindung einer Schwächeperiode, entstanden Dauersiedlungen mit Viehzucht, Handwerk und auch Ackerbau. Im 8. Jahrhundert lebten die Awaren autark und isoliert. 

Die Franken unter Karl dem Großen zogen in den Jahren 789 bis 803 gegen die Awaren, unterwarfen diese und setzten dem Awarenreich ein Ende. Er errichtete 803 die Karolingsche Mark, die vorwiegend von Bayern besiedelt wurde.

Dieses Gebiet umfasste das heutige Ostösterreich und Westungarn. Zwischen Carnuntum und Savaria.

822 wird zum letzten Mal eine awarische Gesandtschaft genannt. 

Die Franken förderten die slawische Besiedelung in unserem Raum. Bayrische Klöster übernahmen bereits ab 850 die Missionierung der Slawen. 

Mit dem Einfall der Ungarn (907) wurde die bayrische Expansion kurzfristig unterbrochen. Nach der Niederlage eines ungarischen Heeres auf dem Lechfelde (955) setzte die Bayrisch-Deutsche Besiedelung um so stärker ein.

Um das Jahr 970 wurde die „Ostmark“ geschaffen und Graf Burghard mit dieser Mark belehnt. 

Bei einem Aufstand gegen König Otto II wurde Herzog Heinrich geschlagen und Graf Burghard das Lehen über die Ostmark entzogen. Als neuer Lehensherr wurde der Babenberger Leopold I als Markgraf eingesetzt (976). Die Babenberger regierten Österreich von 976 bis 1246. Sie waren gute Diplomaten und Wirtschaftsleute. Sie verstanden es, das Lehen zu  vererben und so ohne Erbfolge - und Bruderkriege führen zu müssen, eine Dynastie zu schaffen, die bis 1246 währte.

Unter den Babenbergern als Markgrafen in „Ostarrichi“ wurde den Böhmen vom Donauraum ausgehend Stück für Stück das nördliche Niederösterreich abgenommen. Allmählich konnte der Rest der slawischen Bevölkerung friedlich in die bayrische Einwanderungsschicht integriert werden. Die Besiedelung unserer Heimat durch Bayern und Franken erfolgte so, dass die Bayern die Bergregionen bevorzugten, während die Franken mehr in der Ebene siedelten. („Fränkische Bauernhäuser“). Damit endet auch die frühgeschichtliche Epoche in unserem Raum. 

Die Babenberger schoben ihren Machtbereich immer weiter nach Osten vor, bis im Jahre 1043 zur Zeit des Markgrafen Adalbert die Leitha die auch von den Ungarn anerkannte Grenze bildete.

Um diese Grenzen zu sichern, wurden Burgen und Befestigungsanlagen errichtet.

 

​Text: Ing. Karl F. Vlcek